Atlastherapie nach Arlen

Unterstützung bei Störungen des Bewegungsapparates

Wie entstand die Atlastherapie nach Arlen?

Albert Arlen war ein französischer Arzt. Er lebte von 1925 bis 1992 im Elsass, studierte in Straßburg und arbeitete schließlich in Munster. Dort entwickelte er die Atlastherapie und baute sie in seine Behandlungskonzepte ein. Dies erwies sich als derart erfolgreich, dass er im Weiteren sein eigenes Krankenhaus bauen konnte. Ab 1984 gab er regelmäßig Kurse und vermittelte so diese Behandlungsart ärztlichen Kollegen.

Was ist die ÄMKA?

An den Kursen bei Dr. Arlen nahmen auch etliche deutsche Ärzte teil. Aus dem Kreis dieser Kollegen entstand im Laufe der Zeit die Ärztegesellschaft für Manuelle Medizin bei Kindern und der Atlastherapie nach Arlen (ÄMKA). Die ÄMKA ist heute die Organisation, welche die Atlastherapie nach Arlen in Kursen lehrt und vermittelt und durch internationale Kontakte dafür sorgt, das Konzept dieser Therapie über Deutschland hinaus zu verbreiten.

Definition, Funktionsweise und Durchführung

Was ist die Atlastherapie nach Arlen?

Der Atlaswirbel ist der oberste Halswirbelkörper. Auf ihm ruht der Kopf, er ist die Verbindung zwischen Haupt und Wirbelsäule. Bei der Atlastherapie nach Arlen wird mit einem Finger des Therapeuten ein kurzer Impuls auf die seitliche Begrenzung (Querfortsatz) des Atlaswirbels gegeben. Durch eine klinische Testung legt der Therapeut fest, von welcher Seite dieser Impuls gegeben wird. Ein Röntgenbild der Halswirbelsäule oder andere bildgebende Verfahren (MRT, CT) müssen vor der Therapie nicht angefertigt werden.

Wie funktioniert die Atlastherapie nach Arlen?

Im Bindegewebe, das den Atlaswirbel umgibt, liegen sehr viele Nervenendigungen, sogenannte Rezeptoren. Diese Rezeptoren melden dem Gehirn ununterbrochen in welcher Körperlage wir uns befinden. Zwischen den Nervenendigungen und anderen Teilen des Nervensystems besteht eine hohe Anzahl von Verbindungen. Durch die Atlastherapie nehmen wir Einfluss auf die Rezeptoren. Die Folge ist, dass sich die Spannung in der Muskulatur im gesamten Körper verändert und neu reguliert wird.

Wie wird die Atlastherapie nach Arlen durchgeführt?

Vor der Therapie muss der Arzt entscheiden, von welcher Richtung er den Impuls setzt. Die positiven Ergebnisse der Atlastherapie sind von der korrekten Impulsrichtung abhängig. Durch einen Bewegungstest wird die Impulsrichtung festgelegt. Der Patient sitzt dann mit dem Rücken zum Arzt und dieser gibt einen leichten Impuls auf den Querfortsatz des Atlas. Je nach Verträglichkeit wird die Impulsstärke gesteigert. Bei fehlender Sitzstabilität wegen einer Erkrankung und bei Säuglingen wird das Setting der Therapie der Situation angepasst.

Therapeutische Anwendung und Grenzen

Wer behandelt mit der Atlastherapie nach Arlen?

Voraussetzung für eine Ausbildung bei der ÄMKA ist eine abgeschlossene Facharztausbildung und die abgeschlossene Ausbildung in manueller Medizin. Nach 2 Kursblöcken und einer Abschlussprüfung erhalten die Kollegen ein entsprechendes Zertifikat. „Atlastherapie nach Arlen“ ist ein europaweit geschützter Begriff. Diesen dürfen ausschließlich von der ÄMKA ausgebildete Ärzte verwenden.

Was wird mit der Atlastherapie nach Arlen behandelt?

Die Atlastherapie nach Arlen kommt unterstützend bei Störungen des Bewegungsapparates und neurologischen Erkrankungen zum Einsatz. Beweglichkeit und Koordination werden verbessert, die Spannung in den Muskeln reguliert. Typische Indikationen sind zum Beispiel sogenannte Blockierungen, Nacken – oder Rückenschmerzen, Schlaganfälle, Morbus Parkinson, Entwicklungsverzögerungen beim Kind, Schreibabys.

Was wird mit der Atlastherapie nach Arlen nicht behandelt?

Die Stellung des ersten Halswirbels wird nicht verändert. Es wird nicht „eingerenkt“. Atlastherapie beruht auf der Beeinflussung der Rezeptoren und nicht auf einem biomechanischen Prinzip. Selbstverständlich wird auch ein Morbus Parkinson nicht geheilt und ein Schlaganfall nicht rückgängig gemacht. Es geht bei der Atlastherapie in solchen Fällen darum, Alltagskompetenz zu verbessern, Sturzgefahr zu reduzieren und eventuell auftretende chronische Schmerzzustände zu lindern.

Anwendung bei Kindern und potenzielle Risiken

Warum wird Atlastherapie bei Kindern angewandt?

Das Nervensystem von Kindern ist weitaus lernfähiger, als das von erwachsenen Menschen. Daher profitieren Kinder deutlicher von der Atlastherapie. Ihr Nervensystem merkt die Änderung der Rezeptoren und reguliert sich schnell neu.

Welche Risiken bestehen bei der Atlastherapie nach Arlen?

Im Gegensatz zur Chirotherapie und besonders zur Chiropraktik gibt es bei der Atlastherapie keine behandlungstypischen Risiken, da die technische Durchführung des Impulses streng aus der Neutralstellung erfolgt, das heißt: Ohne Zug oder Drehung des Kopfes und ohne Rück- oder Vorneige der Halswirbelsäule. Eine Verletzung der Arterie der Halswirbelsäule, wie sie bei chiropraktischen Behandlungen vorkam, ist bei kunstgerechter Durchführung der Atlastherapie nicht vorstellbar und wurde auch noch nie beschrieben.

Portrait von Albert Arlen

Albert Arlen

eine Biographie

Gustave Albert Arlen wurde am 9. Juli 1925 in Hœrdt, Bas-Rhin in Frankreich geboren. Er starb am 27. März 1992 in Munster, Haut-Rhin in Frankreich. Albert Arlen war ein französischer Arzt, auf den insbesondere manuelle Techniken am ersten Halswirbel, dem Atlas, zurückgehen. Er entwickelte die sog. Atlastherapie.

Bei der Atlastherapie nach ARLEN handelt es sich nicht um eine klassische manuelle Therapie, die eine anatomische Position verändern will, sondern um einen ultrakurzen Impuls auf den Querfortsatz des Atlas mit dem Ziel, das motorische Engramm zu ändern. Störungen des muskulären und vegetativen Tonus werden gebessert.

Albert Arlen entwickelte die sog. biometrische Röntgen-Funktionsdiagnostik, die Fehlstellungen der Wirbelsäule analysiert [1]. Arlen forderte vor jeder Atlastherapie die Anfertigung von Röntgenbildern der Halswirbelsäule und insbesondere der Kopfgelenke. Diese Forderung in der Frühzeit der Atlastherapie wurde später modifiziert, als Wilfried Coenen den sog. Drei-Zeichen-Test einführte [2].

Albert Arlen praktizierte im Centre de Cure in Munster in Frankreich.

Mitte der 80er Jahre wurde die SMIMM – Societé Médical International de Médicine Métamérique gegründet. Diesem Verein oblag die Organisation von internationalen Fortbildungskursen in Atlastherapie und Metamermedizin. Albert Arlen wurde der erste Präsident dieser Gesellschaft. Aufgrund der bereits damals bestehenden guten Zusammenarbeit mit den deutschen Manualtherapeuten wählten die Vereinsmitglieder Gernot Plato aus Rendsburg zum Vizepräsidenten.

Albert Arlen hatte die Angewohnheit, Untersuchungen und Behandlungen von Patientinnen und Patienten per Videoaufnahme zu dokumentieren, es sei denn, dass eine Zustimmung verweigert wurde. Somit hatte Arlen für seine Ausbildungskurse hinreichendes Datenmaterial, so dass die Untersuchungs- und Behandlungsergebnisse auch über zum Teil jahrelange Behandlungsverläufe dokumentiert werden konnten.

Nach dem Ableben von Albert Arlen wurde das Centre de Cure noch einige Zeit von Henning Lohse-Busch und Michel Kraemer weitergeführt. Schließlich übersiedelte das ärztliche Team in die Rheintal-Klinik in Bad Krozingen. Das Centre de Cure in seiner wunderschönen Parkanlage des Parc d‘ Albert Schweitzer existiert in seiner früheren Form nicht mehr. Es wurde anderen Nutzungen zugeführt.

Auch die medizinische Fachgesellschaft wurde in die Ärztegesellschaft für Atlastherapie und manuelle Kinderbehandlung e.V. (AEGAMK e.V.) nach Deutschland überführt. Diese medizinische Fachgesellschaft wurde im Jahr 1997 gegründet und hatte ihren Sitz in Bad Krozingen. Jahre später wurde diese umbenannt in Ärztegesellschaft für manuelle Kinderbehandlung und Atlastherapie (ÄMKA e.V.).

Literatur:

  1. Arlen, Albert (1979): Biometrische Röntgen-Funktionsdiagnostik der Halswirbelsäule. Ihr Aussagewert im zerviko-brachialen und zerviko-zephalen Syndrom (Schriftenreihe manuelle Medizin, Bd. 5) Heidelberg: Verlag für Medizin Fischer. ISBN 3-921003-92-X)
  2. Coenen, Wilfried; Barth, F.; Henning, P.; Kemlein, W.; Martin, S.; Plašek, J. et al. (2015): Atlastherapie nach Arlen. 3-Zeichen-Test statt Röntgen. In: Manuelle Medizin 53 (5), S. 330 – 337. DOI: 10.1007/s00337-015-0041-3.